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Das Ultimatumspiel

Nehmen wir an, es werden dir tausend Euro in Aussicht gestellt. Unter einer Bedingung: Du musst ein Angebot setzen, wieviel von diesem Betrag du an einen dir fremden Mitspieler abtrittst. Akzeptiert dieser das Angebot, bekommen beide das Geld. Lehnt er ab, gehen beide leer aus. Über diese Spielregel ist auch der Mitstreiter informiert, Nachverhandeln ist nicht erlaubt. Wieviel also setzen? Fifty-fifty? Oder doch eher 10, 20, 30 Prozent? In der Hoffnung, dass die Gegenseite trotz ungleicher Verteilung dennoch zufrieden den unerwarteten Gewinn einstreift? 

Mir ist dieses Experiment, das Ökonom Werner Güth in den 80er Jahren durchgeführt hat und als „Ultimatumspiel“ weltbekannt wurde, letzthin wieder eingefallen, als ich einen Diskurs mitverfolgte über die gegenwärtige Teuerung, über bedrohte Existenzen, über die lauernde Gier im Menschen und damit verbundene Neiddebatten. Und über unterschiedliche Auslegungen von Fairness. Selbst als nicht mit Wirtschaftsexpertise gesegneter Mensch lernt man dieser Tage einiges über Marktdynamiken und Verhaltensökonomie. Wie im Übrigen über so manches, das bislang im medialen Dornröschenschlaf vor sich hindöste: Den hohen Preis billiger Energie, Panzerbestände, Militärbündnisse usw. 

Was das Ultimatumspiel schlussendlich gezeigt hat? Ohne zumindest 30 Prozent Beteiligung ist in den meisten Fällen das Geld futsch. Sprich: Werden nicht mindestens 300 Euro geboten, lehnt die Gegenseite ab – so jedenfalls die Ergebnisse in den Industriestaaten. Für die Wirtschaftswissenschaften damals eine veritable Überraschung, waren sie doch vom Modell des Homo oeconomicus ausgegangen, dem jeder Betrag recht wäre, solange es ihm persönlich einen Nutzen brächte. Mit dem Gerechtigkeitssinn hatten sie nicht gerechnet. Ganz abgesehen von den Treibern Gier und Neid, die wohl ebenfalls das Spiel aufmischten. Mich wundert’s, ehrlich gesagt, nicht. Fifty-fifty hat sich doch immer schon bewährt ...